RMA und Wandel des Kriegsbildes —
Herausforderungen für Politik und Gesellschaft
Ralph Rotte, RWTH Aachen Die technologischen Innovationen der letzten zwei Jahrzehnte haben im Zusammenhang mit dem Ende des Kalten Krieges zu einem differenzierten Wandel des Kriegsbildes geführt, welches in der Politikwissenschaft und in den Internationalen Beziehungen unter Stichworten wie "Revolution in Military Affairs" (RMA) oder "Neue Kriege" diskutiert wird. Der Beitrag wird einen kurzen Überblick über einige gegenwärtig debattierte Perspektiven des technologischen Wandels der Kriegführung aus sozialwissenschaftlicher Sicht geben. Von zentraler Bedeutung ist im vorliegenden Kontext die Frage nach dem Zusammenhang von technischen und damit verbundenen organisatorischen Neuerungen, welche den Streitkräften der fortgeschrittenen Industriestaaten (allen voran natürlich den USA) eine bislang ungekannte Überlegenheit in konventionellen Kriegen geben, und der Bereitschaft bzw. Fähigkeit der betroffenen Gesellschaften, militärische Gewalt tatsächlich für politische Zwecke einzusetzen bzw. ihr zu begegnen. Je nachdem, wie die Antwort auf diese Frage ausfällt, führt technische Innovation zu mehr oder weniger Stabilität im internationalen System. So wird konstatiert, dass es einen Zusammenhang zwischen der Investition in militärische Technologie und einer Verlustaversion westlicher Gesellschaften gebe. Umgekehrt wird behauptet, die miltärische Überlegenheit beispielsweise der USA führe zu einer besonderen "trigger-happiness" einer solcherart "militarisierten", "präemptiv" agierenden Außenpolitik. Nicht zuletzt vor den Erfahrungen der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan seit 2002 und im Irak seit 2003, oder Israels im Libanon 2006 wird auch diskutiert, ob die Reaktionen scheinbar unterlegener Gegner die RMA möglicherweise entwerten (z.B. durch asymmetrische Kriegführung, "fourth generation warfare" oder "cyber warfare") bzw. anderen Friedens– und Sicherheitsbedrohungen Vorschub leisten (z.B. durch ABC–Proliferation). Aus innergesellschaftlicher Sicht stellt sich schließlich die Frage inwieweit die technologisch getriebene RMA zu einer grundsätzlichen Veränderung der "civil–to–military relations" führt, sei es in Gestalt einer zunehmenden Loslösung eines sich immer weiter professionalisierenden Militärs vom Rest der Gesellschaft, sei es durch eine Auflösung der Grenzen zwischen militärischen und zivilen Denk– und Handlungsweisen im Rahmen der Ökonomisierung gesellschaftlicher (auch wissenschaftlicher) Zusammenhänge. Im Endeffekt könnten aus dieser Perspektive am Ende der technologischen Innovation in der Kriegführung eine grundsätzliche Gefährdung der Demokratie oder ihre schleichende Militarisierung stehen. Vollständiger Text: FIfF Kommunikation 1/2009 S. 23—26 « Programm |